Sonntag, 4. Juli 2010

Kapitel 3 "1/2 Lovesong"

Heute ein etwas längeres Kapitel und darin kommen auch ausnahmsweise keine Liedzitate vor. Außer im Titel ;) Dank dem Wetter könnt ihr euch wahrscheinlich gut in die Temperaturen des Chapters einfühlen *lach* Viel Spaß, ich hoffe, es gefällt euch immernoch. Mit dem Kapitel möchte ich übrigens besonders Purpurwelten grüßen und danken, dass sie so süß Werbung für mich macht :) So, nu gehts los:




Hitze. Unerträgliche Hitze.
Mein Geburtstag war ein Höllentrip und nun dazu auch noch die passende Hitze, die mir gradezu das Blut aus den Adern fließen lässt.
'Blut, Schweiß und Tränen' ist da ein mehr als treffendes Zitat für mein ganzes, letztes Jahr, was meine Alpträume spielend in den Schatten stellt. So viel dazu, ich kann eh kaum schlafen.
Das letzte Mal richtig durchgeschlafen habe ich...ja, wann war das denn? Ich kann mich nicht mehr wirklich erinnern. Das, was bei mir zur Zeit den Schlaf ausmacht, ist ein Wegnicken von ca. 2 bis 4 Stunden.
Nunja, es reicht um zu funktionieren.

Die finalen Meter zum Schulhof sind schier unerträglich. Es ist grade mal viertel nach 7 und die sengende Temperatursteigung bringt mich fast um. Warum ist es Ende August noch so verdammt heiß?
Es ist kaum einer unterwegs und schon ist die 20°C Grenze geknackt, das ist doch Wahnsinn.


"Hey Carol! Huhuuuu~!" Oh bitte nein.
"Hey, nu guck mich wenigstens an, wenn ich offensichtlich mit dir rede! Carol!" Das Leben hasst mich.
Durch die Zähne gepresst murmel ich: "Hi, Jessica."
"Eeeendlich!", Jessica wirft sich mir an den Hals - Wort wörtlich.
Ich ringe nach Luft, klopfe ihr tätschelnd auf den Rücken und schiebe sie beiseite.
"Man siehst du aber fertig aus! Wieder ne schlechte Nacht gehabt?", ihr Scharfsinn kennt keine Grenzen.
"Konnt mal wieder nicht schlafen, das ist alles."
Verständnissvoll nickt sie in die Leere. "Ja, ist schon schlimm so einen attraktiven Stiefbruder zu haben, oder? Der sieht so gut aus, der raubt selbst mir den Schlaf und ich hab ihn nur einmal gesehen!"
Wenn sie wüsste, wie nah ihre komische Theorie der Realität kommt; nur, dass mich nicht direkt sein Äußeres nicht schlafen lässt.
"Jaja, spinn du nur weiter. Wenn man ihn erstmal kennt, sieht er nicht mehr halb so gut aus."
"Was?!", sie sieht wirklich entsetzt aus, "Wie kannst du sowas nur sagen? Er ist ein Gott! Hast du schon einmal auf diese prachtvollen Haare geachtet?! Ein Traum!"
Ein Alptraum. Will gar nicht daran denken, wo ich diese Haare vor 2 Stunden noch überall gespürt habe.

Während Jess weiterschwärmt kommen wir langsam aber sicher im Gebäude an und mir bleibt der Atem stocken. Wie eine Fledermaus nimmt sie sofort die Schwingungen auf und fragt mich neugierig was denn los sei.
"Nichts, nichts," erwidere ich, "Alles in Ordnung."
Zusammengekniffene Augen starren mich vernichtend von der Seite an. "Es ist was los, das sehe ich."
"Du siehst in meinem Bruder ja auch einen Gott, denk mal drüber nach." Bei dem Wort 'Bruder' musste ich ein offensichtliches Würgen unterdrücken. Ich muss so schnell wie möglich die Toiletten aufsuchen, bevor die ganzen anderen Vollidioten die Sanitären Anlagen stürmen.
"Du Jess, geh doch schon mal in die Klasse, ich muss noch fix aufs Klo," ohne eine antwort zu erwarten stürme ich in Richtung der Toiletten.

Meine Augen füllen sich wieder mit Tränen und der Würgereiz wird immer schlimmer. In der Hoffnung nicht einfach in den Flur zu vomieren fange ich an zu rennen.
"Hey, pass doch auf!"
Und zack, liege ich auf dem Boden der Tatsachen. Was nun schlimmer ist als das:

1. Ich habe jemanden wirklich von den Socken gerissen. Und das nicht auf die gute Art.
2. Weil es so plötzlich kam, kotzte ich ihn voll. Von oben bis unten.

Nicht anfangen laut zu schluchzen, reiß dich zusammen. Die denken hier alle, dass du gar kein Herz hast. Das Wort 'Emotion' hat nichts in deinem Sprachschatz zu suchen, geschweige denn in deine Charakterbeschreibung.
Trotz meiner Aufmunterungsversuche kein Erfolg. Komisch, hat doch sonst immer so gut funktioniert.

"Hey, hey...so schlimm ist das auch nicht, ehrlich. Weißt du, es ist so warm, da kann ich locker ohne Shirt rumlaufen, wirklich. Mach dir keine Sorgen."
Jetzt merke ich erst, wen ich da umgekachelt habe: Sean Lovett.
Der Junge mit dem platinblonden, mittellangen Haaren und dem unwiderstehlichen Lächeln.
Zur allgemeinen Information: Er war der Grund, dass mir im Foyer der Atem stockte.

Hastig wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und suche verzweifelt mein Pokerface. Irgendwo hier auf dem Fußboden muss es doch sein.
"Es... es tut mir leid." Jetzt stottere ich auch noch. Warum habe ich ihn nicht gleich angepinkelt, dann hätte ich nun das Pfund an Peinlichkeiten voll.
"Ist kein Ding, mach dir keinen Kopf. Soll ich dich lieber zur Schwester bringen? Immerhin hast du grade deinen Vollkorntoast auf mich regnen lassen." Sei nicht so verdammt witzig und hilfsbereit zugleich, das zerbricht mein "Alles ist Scheiße"- Weltbild.
Wacklig stehe ich auf, immer gut darauf achtend, nicht in einen Schwindelanfall zu kommen.
"Ich will dich ja nicht beleidigen", sagt er, während er mir zusieht, "Aber das sieht nicht grade nach einem guten Stand aus."
Schneller als ich gucken kann schnappt er sich meinen rechten Arm, legt sich ihn um seinen Nacken und stützt mich. "Und nun, auf zur Krankenschwester. Wenn du willst, können wir auch ein Lied singen, bis wir im Gebäudekomplex ankommen. Ich hätte da den Klassiker 'Country Roads' anzubieten."
Ich lache. Warum ist er so? Und warum, und das ist die wichtigere Frage; warum ist Nathan nicht so?


Ein langer Schultag neigt sich dem Ende. Wobei die ersten 2 Schulstunden im Schnelldurchlauf an mir vorbeizogen. Diese besagten Stunden habe ich mit Sean im Krankenzimmer gesessen. Die Schwester konnte nicht wirklich lange nach mir sehen und Sean erklärte sich bereit sicherzustellen, dass ich nicht nach 5 Minuten des alleine Seins rumlaufe und Leute vollspucke.
Danach zogen sich die restlichen 6 Stunden wie fader Kaugummi, den man am liebsten ausspucken möchte, es aber des Geldes wegen noch ewig im Mund behält.

Zu meinem Glück ist Sean in einer Parallelklasse und ich habe ihn nicht aus dem Augenwinkel anschmachten können - auch wenn er den ganzen Tag lang nach Erbrochenem roch.
Seine Augen haben so ein schönes Meerblau und er hat ganz klitzekleine Sommersprossen, die man nur im Sonnenlicht erkennen kann.
"Sag ma, was guckste denn so blöd?", Jessica hat sich mal wieder angeschlichen.
"Ich gucke nicht blöd, ich träume. Da ich kaum schlafe, lass mir wenigstens meine Tagträume,"wenn sie wüsste, wie ehrlich diese Aussage grade war.
"Wie dem auch sei," wechselt Jess schmollend das Thema, "Ich möchte deinen Stiefbruder gerne mal wiedersehen."
Mit weit aufgerissenen Augen bleibt mir beinah das Herz stehen. "Ähm, warum denn das?!" frage ich in einem gehetzten Tonfall.
"Das weißt du ganz genau! Hey, ich bin 19 Jahre alt, ich habe auch meine Bedürfnisse," kichert sie.
Mir wird schon wieder schlecht.
Wir sind nun nicht wirklich gute Freunde, aber sie ist die einzige, der es nichts ausmacht, dass ich mich nicht fürs Schminken, Popmusik oder die neuesten Schuhe aus dem Deichmann interessiere. Nur leider habe ich oft das Gefühl, dass, seitdem sie Nathan sah, gerne ein engeres Verhältnis zu mir (sprich zu Nathan) hätte.
In meinen fiesen Gedanken nehme ich sie täglich mit, in der Hoffnung, dass Nathan einen Narren an ihr frisst und mich fortwährend in Ruhe lässt. Erde an Carol, du träumst schon wieder!
"Nunja, also wenn du willst, komm einfach mit. Ich kann aber nicht garantieren, dass er sich zu uns gesellt. Er zieht sich gerne zurück, wenn ich Besuch mitbringe." Wow, ich komme mal ohne eine Lüge im Satz aus.
"Das macht mir nichts", flötet sie, "Dann hopp, hopp, ich will ihn unbedingt mal wieder sehn."
Herr steh mir bei. Moment mal, ich bin doch gar nicht gläubig. Dann muss ich wohl alleine durch, ich hoffe, es wird gut gehen.


Als hätte ich es geahnt, steht Nathan wieder am Fenster und sieht, dass ich Jessica mitbringe. Sie winkt ihm freudig zu und er schenkt ihr sein breites Lächeln. Ich will nicht in dieses Haus.
Grade als ich den Schlüssel zum Schloss führe wird mir die Tür geöffnet. "Wenn das nicht die schöne Jessica ist. Lange nicht gesehen. Dein Haar schimmert wunderschön golden in der sengenden Sonne."
Bitte verschone mich mit diesen Floskeln.
"Findest du?", kreischt Jess. Eigentlich ist alles an ihr durchschnittlich, nur nicht ihr Körbchen. Mit einem D-Cup kann ich nunmal nicht ganz mithalten, aber ich finde mein volles B absolut in Ordnung.
"Carol, warum bringst du Jessica nur so selten mit?", schimpft Nathan.
Unterbrechend singt sie: "Ach bitte, nenn mich Jess!"
Darauf lächelt er nur und sie schmilzt dahin. Ich schmelze nur der Temperatur wegen.
"Können wir nun bitte reinkommen? Die Hitze bringt einen um und ich sehne mich nach meinem Ventilator", stöhne ich und fechel mir demonstrativ Luft zu.
Er geht aus dem Weg, beachtet mich nicht und gibt Jess einen Klaps auf den Hintern.
In der Illusion in Ruhe gelassen zu werden stapfe ich zu meinem Zimmer.
"Du, Carol," flüstert Jess mir von unten noch zu, "Hast du was dagegen, wenn ich etwas bei deinem Bruder bleibe?"
Was soll ich denn dagegen haben? Meinetwegen nimm ihn mit nach Hause, aber eine Rückgabe wird nicht gestattet.
"Nö, mach du nur, ich wollte mich sowieso erstmal vor die kühle Brise hocken."

Es vergehen 3Stunden in denen ich nichts von Jessica höre und sehe. Sie platzt kurz in mein Zimmer, ich erschrecke, sie verabschiedet sich, faselt noch etwas von göttlichen Händen und zieht von dannen.

Wenn ich ehrlich bin, will ich schon gern wissen, was Nathan mit ihr gemacht hat. Ob er...? Es klopft an meiner Tür.

"Wer ist Sean?", brüllt er mir entgegen. Perplex von der Frage stelle ich mich erstmal vollkommen dumm.
"Wer wie was? Was für ein Sean? Shaun das Schaf?"
"Stell dich nicht dumm, Carol!", er hebt mich vom Bett hoch und drückt mich mit voller Wucht gegen die Wand und engt mich ein.
"Sieh mir in die Augen und sag mir, wer Sean ist.", sein Ton gleicht dem eines Drill-Sergeant.
Ich schweige. Was will er von mir?  Niemand weiß von meiner Schwäche für Sean und ich bin mir auch sehr sicher, dass Jessica mit ihrem Fick-gesteuerten Hirn nicht mitbekommen hat, dass er mein Schönheitsfleck für diese Welt ist.
"Na das sagt ja alles. Und ich dachte, du wärst mir treu!"
Jetzt hackts aber wohl in seiner Birne! Er kann froh sein, wenn mich jemals wieder ein Mann berühren kann, sollte ich jemals mit ihm durch sein.
"Wovon redest du?! Ich habe Sean vollgekotzt und kam ins Krankenzimmer. Mehr war da nicht."
Groß gestikulierend dreht er sich weg von mir und geht sich mit beiden Händen genüsslich durchs Haar.
Eine große Pause folgt. Mein Herz pocht bis zum Hals und mir ist schon wieder schlecht, dass ich erbrechen will.
"Gut, wenn du meinst mich belügen zu müssen. Jessica sagte, dass du in ihn verliebt wärst, und dass du die ersten beiden Stunden mit ihm im Krankenzimmer gevögelt hast. Aber da ich dich so sehr liebe und dir vertrauen will komme ich ab sofort immer mit zur Schule. Ich bringe dich und hole dich ab, ist das nicht schön, meine Süße?"
"Warum erschießt du mich nicht einfach?", bringe ich weinend hervor. Noch bevor ich einen weiteren Gedanken äußern kann, breche ich zusammen.

Das letzte was ich spüre ist sein widerliches Haar an meinem Hals.

6 Kommentare:

  1. Das ist ja mal wieder ein Kapitel wo ich verwirrt vorm Bildschirm zurückgelassen werde. Auf der einen Seite schmunzelte ich hier, als sie Sean ankotzte und er trotzdem so fröhlich und freundlich reagierte. Auf der anderen Seite denke ich (mal wieder) das Nathan ein Psycho ist. Kannst sie ihn nicht erschießen? Wohl eher nicht, oder? Dann wäre die Storie wohl zu Ende. Hm. Naja, ich warte auf nächste Kapitel! :)

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  2. Endlich! :D
    Wieder sehr gelungen, irgendwie steckt man ja wirklich drin ><
    Schwierige Sache..
    Freu mich auf die Fortsetzung..



    ..jetzt? xP

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  3. Oh, Du hattest Geburtstag? Hatte ich Dir schon gratuliert? Wenn nicht, dann alles Liebe und Gute nachträglich! *knutschi* ;)

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  4. @Nicole: nein, nein. Das ist meine Geschichte, die ich aus der Ich-Perspektive erzähle :) Mein realer Geburtstag ist erst im November, also hast du da noch Zeit zu ;)

    @Panda: Jetzt? xD Nix da! Spannung muss sein!*schimpf* :D

    @Freya: Ich würde Carol wünschen, dass sie ihn einfach erschießen kann, aber naja. Das lässt die Storyline nich zu und...naja, die Story wäre ohne Nathan nich zu Ende ;) Das is alles bloooooß der Anfang *hysterisch lach*

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  5. Applaus, applaus!
    Mal wieder eine richtig gute Fortsetztung!
    Und diesmal sogar nicht ganz so "herb" wie die davor. Finde es gut, wenn es auch mal ein paar Lichtmomente gibt. :)

    Und das is soooo süß von dir! Danke für die lieben Grüße und ich werde weiterhin schon Werbung für dich machen! <3

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